Ein Jahr Zedergalerie und Galerieverein

Was GOOD VIBRATIONS – ganz WIRKLICH und REAL und so SCHWEIGSAM wie BEREDT – ZEIGEN UND VERBERGEN
Ein Jahr ist seit der Eröffnung der Galerie in der Zederpassage vergan­gen und der Galerieverein Landsberg am Lech e.V. darf auf eine ebenso erfolgreiche wie künstlerisch abwechslungsreiche erste Ausstellungs­saison zurückblicken.
Schon der Auftakt am 23. Mai 2019 gelang mit GOOD VIBRATIONS fulminant. Mit dem Maler und Musiker Harald Ferner, dem Bildhauer Michael Jastram, der Malerin Gotlind Timmermanns und dem Maler Bernd Zimmer konnten für die erste Ausstellung neben zwei weit über die Region hinaus bekannten Künstlerpersönlichkeiten auch zwei inter­national renommierte Künstler gewonnen werden. Die in den hellen und offenen Räumen der Zederpassage präsentierten Arbeiten lockten die Besucher durch den je eigenen Ansatz der Künstlerin und der Künstler in die spannende und enigmatische Welt informeller Malerei und archa­ischer Formensprache aus Bronze. Doch nicht nur die Werke galt es zu bestaunen und sich von deren mit allen Sinnen wahrnehmbaren GOOD VIBRATIONS anstecken zu lassen. Der Galerieverein fächerte darüber hinaus ein reiches Veranstaltungsprogramm auf, um einem sehr interes­sierten Publikum den Themenbereich des Informel aus unterschiedlichs­ten Blickwinkeln nahezubringen. Eine Sonntagsmatinee war demzufolge der „Informellen Malerei“ gewidmet, zu der Bert Praxenthaler gewohnt souverän referierte. Eine After-Work- und eine Vormittagsführung durch die Ausstellung boten vertiefendes Wissen zu den Arbeiten und ihren Schöpfern und Gotlind Timmermanns veranstaltete einen Tageswork­shop zum Thema. Schulklassen kamen ebensowenig zu kurz, für sie wurden altersgerechte Führungen angeboten. Die Malerin Silvia Großkopf, gleichzeitig auch 1. Vorsitzende des Galerievereins, hielt darüber hinaus einen Mini-Workshop für Schulklassen des Gymnasiums Buchloe ab, bei dem zwei Schülergruppen nicht nur mit einer spannenden Episode der neueren Kunstgeschichte vertraut gemacht wurden, sondern ihr neu erworbenes Wissen gleich praktisch umsetzen konnten.
Nicht weniger anregend und überzeugend stellten sich die Arbeiten von Thomas Beecht und Burkhard Niesel vor, die unter dem Titel WIRKLICH – REAL die zweite Ausstellung gestalteten. Beide Künstler widmen sich der Landschaftsmalerei, einem traditionellen Genre der Kunstgeschich­te, das bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat. Sowohl in den Bildern von Thomas Beecht wie in denjenigen von Burkhard Niesel scheinen neue Perspektiven von vermeintlich schon immer Gesehenem auf und auch hier bot ein Begleitprogramm unterschiedlichste Anregun­gen, sich der Thematik und je eigenen künstlerischen Arbeitsweise zu nähern. Im Rahmen der Langen Kunstnacht waren die beiden Künstler selbst zugegen, um dem interessierten Publikum Rede und Antwort zu stehen. Ein von Thomas Beecht geplanter Workshop zur Plein-Air-Malerei musste bedauerlicherweise aufgrund schlechten Wetters entfal­len, eine Abendführung in Anwesenheit der beiden Künstler mit der Kunsthistorikerin Urte Ehlers kurz vor Ende der Ausstellung zeigte jedoch, wie positiv die Resonanz auf die präsentierten Arbeiten ausfiel.
SCHWEIGSAM BEREDT – es hätte sich kaum ein besserer Titel für die dritte Ausstellung mit den Werken des Malers Gerd Eisenblätter und des Bildhauers Egon Stöckle finden lassen können, die sich auf an- und auf­regende Weise kongenial ergänzten. Schon die Vernissage fiel sprich­wörtlich aus dem Rahmen, sie begann im Foyer des Historischen Rat­hauses der Lechstadt und endete in der Zedergalerie. Die je in sich ruhenden Kunstwerke schienen in der Tat schweigsam, und damit un­zugänglich, doch erwiesen sie sich umso beredter, je länger und ein­dringlicher man sie befragte. Da die Verleihung des Hubert von Herkomer Preises an Egon Stöckle während der Dauer der Ausstellung stattfand, wurde auf weitere Zusatzveranstaltungen verzichtet.
Mit ZEIGEN UND VERBERGEN, Bildern der beiden Malerinnen Lea Jade, die zugleich auch Musikerin und Synästhetikerin ist, und Sybille Rat, ging das erste Ausstellungsjahr ebenso eindrucksvoll und spektaku­lär zu Ende, wie es begonnen hatte. Schon der Titel der Präsentation war angesichts der Debatten um #MeToo hochaktuell, sodass es auf der Hand lag, im Kunstbetrieb einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und diesen gerade in Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern kritisch zu hinterfragen. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März fand also folgerichtig ein von der Kunsthistorikerin Birgit Kremer moderiertes Gespräch mit den beiden Künstlerinnen statt. Die Veranstal­tung mit dem überaus passenden Titel „Frauenpower“ war gut besucht und die sich anschließende Diskussion mit dem Publikum förderte erstaunliche Erkenntnisse zu Tage, die auf ein sich änderndes Problem­bewusstsein zur Geschlechtergerechtigkeit auch im Bereich der bilden­den Kunst schließen lassen und Hoffnung machen. Ein weiteres Begleitprogramm zur Ausstellung war geplant, konnte jedoch aufgrund der Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Pandemie nicht mehr umge­setzt werden.
Dennoch, im Rückblick auf das vergangene Jahr lässt sich ohne jeden Zweifel konstatieren, dass die Aktivitäten des Galerievereins das kultu­relle Leben von Landsberg außerordentlich bereichern. Der Erfolg zeigt sich nicht zuletzt in den hohen Besucherzahlen und dem Interesse, auf das die Zusatzveranstaltungen stoßen. Der Impuls, in einer hellen, ein­ladenden und offenen Atmosphäre ein kontrastreiches künstlerisches Programm anzubieten und damit unterschiedlichsten Künstler*innen und Kunstrichtungen ein passendes Forum zur Verfügung zu stellen, ist spürbar und lässt gespannt sein auf die kommende Ausstellungssaison in der Zederpassage. Diese beginnt am 9. Mai und präsentiert unter dem Titel Troiza Arbeiten des Landsberger Malers Martin Paulus und des Stuttgarter Bildhauers Willi Weinert. Nicht nur das Landsberger Pub­likum darf sich auf eine spannungsreiche künstlerische Auseinanderset­zung mit der Anfang des 15. Jahrhunderts in Russland entstandenen, legendären und beinahe als nationales Heiligtum verehrten, Troiza ge­nannten Dreifaltigkeitsikone freuen, deren Schöpfer, Andrej Rubljow, schon den renommierten Regisseur Andrej Tarkowski inspiriert hat.
Ein Wermutstropfen allerdings bleibt, denn aufgrund der Pandemie sind Zusatzveranstaltungen im Augenblick noch nicht möglich. Doch auch hier wird es sicher kreative Lösungen geben und schon jetzt steht fest, dass Kunst gerade in Krisenzeiten den Menschen Halt und Trost zu ge­ben vermag, ein Fakt, den zum Glück auch ein Virus nicht erschüttern kann. (Birgit Kremer)